Ewige Rente

Ewige Rente von 1777, heraus-gegeben von Joseph Micault d'Harvelay als Wächter des königlichen französischen Finanzministeriums

Eine ewige Rente (auch Perpetuität) bezeichnet eine Rente, die zeitlich unbegrenzt (also prinzipiell „ewig“) ausbezahlt wird. Ewige Renten waren historisch in Form von „ewigen Anleihen“ (engl. perpetuity) verbreitet, da das Konzept eines Fälligkeitsdatums noch nicht bekannt war und die Inhaber einer Anleihe somit prinzipiell zeitlich unbegrenzt Zinszahlungen erhielten.[1] Ein Beispiel stellt die 1648 ausgegebene Konsolanleihe der niederländischen Hoogheemraadschap van de Lekdijk Bovendams statt, die auch im 21. Jahrhundert noch Zinszahlungen erbringt.[2]

In der modernen Finanzwelt kommen ewige Renten selten vor. Jedoch spielt das theoretische Konzept einer ewigen Rente weiterhin eine wichtige Rolle in der Finanzmathematik und der Ökonomie.[3] Dort ist eine ewige Rente definiert als Zahlungsreihe mit unendlich vielen Auszahlungen.[4][5] Der Artikel fokussiert im Weiteren auf die finanzmathematischen Aspekten von ewigen Renten.

Barwert

Der Barwert einer ewigen Rente hängt vom zugrunde liegenden Zinsmodell ab. Im einfachsten Fall geht man von einem konstanten Periodenzins i > 0 {\displaystyle i>0} und einer konstanten periodischen Rentenzahlung (meist jährlich) aus. Der Barwert der nachschüssigen ewigen Rente mit jährlichen Zahlungen in Höhe R {\displaystyle R} beträgt dann

B W = R i {\displaystyle BW={\frac {R}{i}}} .

Hieraus erhält man den Barwert der vorschüssigen ewigen Rente, indem man den nachschüssigen Barwert um ein Jahr diskontiert.

Herleitung

Der Barwert der ewigen Rente R , R , {\displaystyle R,R,\ldots } beträgt unter den gegebenen Annahmen

B W = R ( 1 + i ) + R ( 1 + i ) 2 + R ( 1 + i ) 3 + {\displaystyle BW={\frac {R}{(1+i)}}+{\frac {R}{(1+i)^{2}}}+{\frac {R}{(1+i)^{3}}}+\ldots }

Die rechte Seite ist eine geometrische Reihe, die für i > 0 {\displaystyle i>0} konvergiert. Multipliziert man beide Seiten mit ( 1 + i ) {\displaystyle (1+i)} , so erhält man die Gleichung

( 1 + i ) B W = R + R ( 1 + i ) + R ( 1 + i ) 2 + {\displaystyle (1+i)\cdot BW=R+{\frac {R}{(1+i)}}+{\frac {R}{(1+i)^{2}}}+\ldots }

Sowohl auf der linken Seite als auch auf der rechten Seite dieser Gleichung ist B W {\displaystyle BW} enthalten: Die linke Seite lässt sich zu B W + i B W {\displaystyle BW+i\cdot BW} ausmultiplizieren und die rechte Seite lässt sich schreiben als R + B W {\displaystyle R+BW} . Subtraktion von B W {\displaystyle BW} auf beiden Seiten liefert

  i B W = R {\displaystyle \qquad \ \,i\cdot BW=R} ,

woraus nach Division durch i > 0 {\displaystyle i>0} sofort die Barwertformel folgt.

Anwendungsbeispiele

Das finanzmathematische Modell der ewigen Rente lässt sich in vielfätigen Kontexten anwenden.

Stiftungen

Stiftungen sind auf Dauer angelegte Einrichtungen, die sich über die Kapitalerträgen aus dem Stiftungsvermögen sowie Spenden und Zuschüsse finanzieren. Sieht man von Spenden und Zuschüssen ab, so lassen sich die Finanzflüsse von Stiftungen mithilfe einer ewigen Rente modellieren. Beträgt das Stiftungsvermögen K {\displaystyle K} und legt man einen konstanten Kalkulationszinssatz i {\displaystyle i} zugrunde, so erzielt die Stiftung jährliche Einnahmen in Höhe von R = K i {\displaystyle R=K\cdot i} . Nur diese Kapitalerträge kommen den Destinatären zugute, so dass das Stiftungsvermögen unberührt und somit auf Dauer erhalten bleibt.

Maklerformel

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Die Methode der „ewigen Rente“ eignet sich zur Entscheidungsfindung „Vermieten oder Verkaufen“. Wenn beispielsweise aus Sicht des potentiellen Verkäufers der Verkaufspreis K {\displaystyle K} einer Immobilie inklusive Verkaufsnebenkosten geringer ist als der Quotient aus dem erwarteten jährlichen Nettomietertrag E {\displaystyle E} (Kaltmiete minus Instandhaltungsaufwand, Steuern etc.) und dem Kalkulationszinssatz i {\displaystyle i} , also K < E / i {\textstyle K<E/i} ,

dann ist Vermietung vorteilhaft.

Varianten

Ewige steigende und fallende Renten

Dem Konzept einer ewig steigenden Rente liegt die Überlegung der Wertsicherung der periodischen Zinszahlungen bei Inflation zugrunde. Die nominale Rente wächst dabei mit einer konstanten periodischen Wachstumsrate g {\displaystyle g} (growth rate) mit g < i {\displaystyle g<i} . Der Barwert einer solchen ewig steigenden (nachschüssigen) Rente lautet

B W = R i g ( i > g ) {\displaystyle BW={\frac {R}{i-g}}\quad (i>g)} .

Zu beachten ist hierbei, dass die Wachstumsrate auch ein negatives Vorzeichen haben kann. In diesem Fall handelt es sich um eine fallende Rente.

Anwendungsbeispiel für eine ewige, steigende Rente

Ein typisches Anwendungsbeispiel findet sich in der Endlagerung von radioaktivem Abfall. Hier laufen jährlich Kosten an, die bis in alle Ewigkeit bezahlt werden müssen. Jedoch muss die Inflationsrate berücksichtigt werden. Also definiert man eine möglichst realistische Wachstumsrate (z. B. 3 %) und kann nun den notwendigen Kapitalstock berechnen, den man benötigt, um alle in der Zukunft liegenden Zahlungen, die sich jährlich um die Inflationsrate – in der Formel durch g {\displaystyle g} repräsentiert – erhöhen, abdecken zu können.

Siehe auch

  • Auszahlungsplan, allgemeiner – hier kann durch die Auszahlungen das Kapital aufgezehrt werden.
  • Finanzmathematik
  • Rentenrechnung
  • Video: Part II of Present Value Relations aus der Vorlesung Finance Theory I, bereitgestellt auf MIT OpenCourseWare.

Einzelnachweise

  1. Arne Storn: Bitte haben Sie Geduld!; Ewige Anleihen, wie sie Griechenland jüngst ins Spiel gebracht hat, existieren seit Jahrhunderten. Die Idee klingt kurios, hat aber Vorteile. DIE ZEIT Nr. 15/2015, 9. April 2015, zuletzt abgerufen 20. August 2016.
  2. Berk, Jonathan und DeMarzo, Peter: Corporate Finance. 4. Auflage. Pearson, 2017, ISBN 978-1-292-16016-0, S. 144 (englisch). 
  3. Perpetuity: Financial Definition, Formula, and Examples. In: Investopedia. Abgerufen am 29. Mai 2024 (englisch). 
  4. Lutz Kruschwitz: Finanzmathematik. 6. Auflage. Oldenbourg Verlag, München 2018, ISBN 978-3-11-058737-1, S. 116. 
  5. Jürgen Tietze: Einführung in die Finanzmathematik. 12. Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-07156-1, S. 121.